HERVEST Ungeduldig warten die Dorstener darauf, dass die marode Zechenbahnbrücke nach ihrer Sperrung 2014 endlich wieder freigegeben wird. Die Teilnehmer der Hervestkonferenz wurden am Mittwochabend von Stadtbaurat Holger Lohse über den aktuellen Stand informiert worden.
Holger Lohse eröffnete bei der Konferenz mit rund 60 Teilnehmern im „Leo“ alternative Perspektiven. Denn anstelle der alten Zechenbahnbrücke kann auch eine nagelneue Aluminiumbrücke errichtet werden. „Wir werden prüfen lassen, ob der Austausch der Brücke Sinn macht und uns für die beste Lösung entscheiden. Gegebenenfalls muss der Rat noch einmal darüber abstimmen, da er vor zwei Jahren noch die Sanierung der alten Brücke beschlossen hat“, sagte der Stadtbaurat den Hervestern. Die waren bass erstaunt: „Hoffentlich wird das dann nicht so ausgehen wie auf dem Berliner Flughafen“, unkte ein Besucher.
Dass die Brücke immer noch gesperrt ist, verärgert die Bürger. Lohse versteht, warum sie sauer sind: „Die Brücke ist nicht lebensnotwendig, bestimmt aber die Lebensqualität im Quartier im hohen Maß mit.“ Ihre Nutzung sei aber lebensgefährlich. Zu diesem Ergebnis seien Versicherer bei einer Prüfung gekommen und hätten jegliche Haftung für Unfälle ausgeschlossen. Das sei auch der Grund dafür gewesen, dass Radfahrer und Fußgänger sie nicht mehr nutzen dürfen.
Komplizierte Ausschreiben
Zum Zeitpunkt, wann die Brücke wieder geöffnet wird, sagte Lohse: „Nageln Sie mich bitte nicht auf einen Termin fest. Es ist schwer, eine gesicherte Prognose abzugeben, weil externe Zuarbeiten notwendig sind.“ Schon die Ausschreibungen für die Brückenarbeiten seien kompliziert: „Wir dürfen nicht den Anbieter unserer Wahl nehmen, sondern sind verpflichtet, den günstigsten zu nehmen.“ Das sei beim öffentlichen Dienst anders als bei privaten Bauherren, machte Bürgermeister Tobias Stockhoff ergänzend deutlich.
Als die Stadt die Brücke 2015 auf Ratsbeschluss von der Ruhrkohle AG übernahm, hätte sich das Ausmaß der Reparaturarbeiten und die schwierigen Begleitumstände nicht im vollen Umfang offenbart, so Holger Lohse. Die Brücke liegt in einem als hochsensibel eingeschätzten Flora-Fauna-Habitatgebiet (europäisches Naturschutzgebiet). Deshalb dürfen beim Korrosionsschutz und Farbanstrich nur völlig unbedenkliche Materialien eingesetzt werden: „Wir haben viel Zeit für die Abstimmung gebraucht“, sagte Lohse, „um ökologisch abbaubare Stoffe zu finden“. Viel Zeit hätte zudem die Ausschreibung gebraucht: „Der Markt für Planungsbüros und Anbieter ist wegen der regen Bautätigkeit in allen Kommunen nahezu leer gefegt“, sagte der Bürgermeister.
Die Hoffnung bleibt
Ein wenig Hoffnung bleibt den Hervestern aber doch, dass Ende des Jahres 2017 der Weg von Hervest nach Dorsten wieder über die kürzeste und landschaftlich sehr reizvolle Hervester Grünspange erfolgen kann: „Ich habe hier einen Zeitstrahl mitgebracht, nach dem wir vorgehen möchten“, zeigte Lohse auf den Plan. Ab Mai soll mit der Aufhausung am Bauwerk begonnen werden. Ob sich dann auch mehr rührt? Das weiß der Himmel, denn: „Gepinselt wird erst im Sommer“, sagte der Stadtbaurat diplomatisch.
Info-Box
Die Brücke ist der Lückenschluss auf der ehemals zwei Kilometer langen Zechenbahntrasse Dorsten-Hervest zwischen ehemaligen Bergwerk Fürst Leopold und Hafen am Wesel-Datteln-Kanal. Das erste Stück des kurzen, aber schön gestalteten Trassenweges durch die Zechensiedlung des Bergwerkes ist in die Römer-Lippe-Route zwischen Wesel und Haltern eingebunden. Für die Sanierung bzw. die Neuanlage der Brücke hat die Stadt Dorsten Förderanträge gestellt, die jetzt genehmigt worden sind. Mit ursprünglich 400.000 Euro kommt die Stadt bei der Sanierung nicht aus, wahrscheinlich sind weitere 100.000 Euro nötig. Sie bekommt eine Fahrspur für Räder und einen Fußweg.